Darum haben sich diese Azubis in Melle für die Arbeit mit Kindern entschieden

Meller Kreisblatt / I. Wemhöner [13.04.2023] „Vom Postboten zum Erzieher“

Traumjob Erzieher: Die Auszubildenden an der BBS in Melle wollen mit Kindern und Jugendlichen arbeiten – allen Negativschlagzeilen rund um die Arbeitsbedingungen zum Trotz. Foto: St. Gelhot

Ausgebildete Erzieher und sozialpädagogische Assistenten werden in Kitas dringend gesucht. Für viele Berufsanfänger ist die Arbeit in einer Kindertagesstätte jedoch zu unattraktiv. Die Azubis, die an der BBS Melle gerade ihre Ausbildung absolvieren, sehen das ganz anders.

Einer von ihnen ist der 38-jährige Dennis Götsch, er möchte an der Fachschule Sozialpädagogik in Melle zum Erzieher ausgebildet werden und ist ein absoluter Quereinsteiger: „Ich war zuvor 21 Jahre bei der Deutschen Post angestellt und in einer Führungsposition tätig.“ Doch Corona veränderte für ihn alles: „Es wurde immer mehr Arbeit, ein richtiger Knochenjob, die Paketzahl hatte sich zu der Zeit bereits verdoppelt.“ Für ihn wurde ein Branchenwechsel daher immer wahrscheinlicher.
Da aber ein Bürojob oder eine Tätigkeit im Handwerk für ihn nichts waren und er sich vor allem einen abwechslungsreichen Beruf wünschte, fiel die Entscheidung schnell auf den Beruf des Erziehers. „Da ich auch schon als Fußball-Jugendtrainer aktiv war, sprach mich eine Kita-Leitung in Glandorf an und fragte, ob ich mir den Job als Erzieher vorstellen könnte. Meine Freunde sagten mir auch schon immer, dass ich ganz gut mit Kindern umgehen könne.“


Aufstiegs-Bafög in der Berufsausbildung

Nach einem Jahr als sozialpädagogischer Assistent beginnt für den 38-Jährigen die zweijährige Ausbildung zum Erzieher. „Ich könnte mir gut vorstellen, danach als Kita-Leitung oder auch in der Kinderbetreuung in einem Familienhotel tätig zu sein“, sagt Dennis Götsch. Er erhält in der Vollzeitausbildung Aufstiegs-Bafög und findet die Bezahlung, später als Erzieher, gar nicht so schlecht. „Ich verdiene so ähnlich wie nach 20 Jahren als Postbote,“ schildert der 38-Jährige.
Auch die 17-jährige Joceline Flegel möchte später unbedingt mit Kindern arbeiten. Sie hat einen Hauptschulabschluss und macht nun ihren erweiterten Realschulabschluss an der Berufsfachschule im Bereich Sozialpädagogik. Sie startet im Anschluss mit der sozialpädagogischen Ausbildung. Am „Girls’ Day“ besuchte sie damals einen Kindergarten in Melle und hatte schnell gemerkt, dass die Beschäftigung mit den Krippenkindern ihr besonders liegt. „Es ist toll, die Kinder bei ihrer Entwicklung zu begleiten, zu sehen, wie sie größer werden und immer mehr dazulernen“, erklärt die Mellerin, warum sie den Beruf so mag.
Einen eher ungewöhnlichen Lebenslauf hat Sebastian Klatte: Der 22-Jährige hatte nach der Realschule eine Ausbildung als Pflegeassistent begonnen. Die brach er im zweiten Lehrjahr jedoch ab. „Es war mir alles zu viel, und ich entschied mich dann für die Ausbildung zum sozialpädagogischen Assistenten.“ Mittlerweile ist er im ersten Lehrjahr; an der Arbeit im Montessori-Kindergarten in Melle gefällt ihm besonders die gute Atmosphäre in der Einrichtung und dass man sich auch Zeit für die Kinder nehmen kann.
Seine Klassenkameradin Zenab Ahmed hat die gleichen Ambitionen und hat sich für diesen Beruf schon vor Jahren bewusst entschieden: „Ich bin in einer großen Familie aufgewachsen und habe bereits viel Erfahrung mit meinen Nichten und Neffen sammeln können. Für besonders wichtig bei der Arbeit halte ich die emotionale Bindung und das gewisse Feingefühl im Umgang mit den Kindern.“ Die 18-Jährige könnte sich nach der Ausbildung an der Fachschule Sozialpädagogik auch ein Studium im pädagogischen Bereich vorstellen.
Dass dieser Job sowie bereits die pädagogische Ausbildung sehr abwechslungsreich sein können, zeigt die 24-jährige Alina Kalinsky. Sie hat in ihrer Ausbildungszeit an einer Schule in Malta und Italien mit Kindern gearbeitet. In der Fachschule hat sie den Schwerpunkt Heimerziehung gewählt und möchte nach ihrem Abschluss in einem Heim, in einer traumapädagogischen Abteilung, arbeiten. „Mich reizt die Herausforderung an der Arbeit mit den heranwachsenden Kindern: Dazu gehört auch Konflikte lösen, Rückhalt geben und Situationen sowie Erlebnisse aufarbeiten.“
Unter den vielen angehenden sozialpädagogischen Assistenten ist auch die 44-jährige Anna B. Emanuel. Ihr Werdegang bis zu ihrem Ziel, als staatlich geprüfte Erzieherin tätig zu sein, ist durchaus ungewöhnlich. Nach der Ausbildung zur Maschinenbaumechanikerin und einem Studium als Juristin folgte unter anderem die Tätigkeit in einer Verwaltung sowie im Personalwesen einer Jugendhilfeeinrichtung, in der sie auch Teamsitzungen und Personalgespräche führte. Der Quereinstieg als zukünftige Erzieherin (in Teilzeit) an der Fachhochschule kam jedoch nicht allzu plötzlich: Die zweifache Mutter war ein Jahr lang ehrenamtlich im Waldkindergarten tätig. Die dortige Arbeit im Team überzeugte die 44-Jährige anschließend auch für den Beruf.
„Es ist ein toller Beruf, und gerade im Waldkindergarten unternimmt man zum Beispiel Aktivitäten wie Holzsägen, Schnitzeljagden planen, Blätter sammeln und erlebt viele schöne Momente zusammen im Wald. Ich finde, der Beruf und die Arbeit sind zudem ein Fundament für die Entwicklung der Kinder.“ Die zweifache Mutter würde sich jedoch mehr Anerkennung für Erzieher wünschen.

Überlastung in dem Beruf thematisiert

Für Elke-Petra Trendelkamp, BBS-Abteilungsleiterin für Sozial- und Heilpädagogik, müsste der Beruf zudem deutlich besser bezahlt werden, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Und die unvergütete Ausbildung zur sozialpädagogischen Assistenz sei eine große Belastung für viele junge Leute, die sich teilweise einen Job zusätzlich am Wochenende suchen müssen. „Auch die Belastung in den Einrichtungen und die Arbeitsüberlastung in den Gruppen ist enorm. Die Bürokratie und die Aufgabenfelder haben deutlich zugenommen, und mittlerweile bricht jeder fünfte Erzieher wieder ab“, schildert Trendelkamp. Die Auszubildenden wählen diesen Beruf somit zumeist eher aus Überzeugung und nicht des Geldes wegen.

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